4 Okt 2023 Autowissen
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Kaltstart, Kaltstarthilfe & Kaltstartprobleme: Das musst Du wissen!

Ins eiskalte Wasser springen – das mögen die wenigsten. Warum sollte es Deinem Motor anders gehen? Nicht nur in der kalten Winterzeit sind Kaltstarts nicht ohne: Ganzjährig solltest Du Deinem Auto ausreichend Zeit geben, sich warmzufahren. Nicht nur der Motor muss warmlaufen, auch der Katalysator muss eine gewisse Temperatur erreicht haben, um anständig funktionieren zu können. Doch was versteht man genau unter einem Kaltstart? Welche Kaltstarthilfen gibt es und worauf können Kaltstartprobleme hinweisen? All das und vieles mehr verraten wir Dir in diesem Beitrag. Bist Du bereit? Dann lass uns direkt starten!

Kaltstart: Das steckt dahinter

Kälte ist immer relativ, nicht wahr? Somit muss Dein Motor erst gar nicht frieren, um einen Kaltstart hinlegen zu müssen. Warum? Ganz einfach: Der Motor muss immer dann kalt starten, wenn es seine sogenannte Betriebstemperatur noch nicht erreicht hat. Und das ist immer der Fall, wenn der Wagen länger gestanden hat und die Betriebswärme vollkommen abgekühlt ist. Hierbei spielt nicht nur die Kühlwasser-Temperatur eine Rolle – auch das Motoröl muss erst einmal warm werden, um alle Komponenten ordentlich schmieren zu können. Je nach Motortyp variieren die herstellerseitig definierten optimalen Betriebstemperaturen. Sowohl für das Kühlwasser als auch für das Motoröl ist die 80°C-Hürde normalerweise Standard. Erst danach läuft im Motor alles rund.

Aber es ist nicht alles: Bei einem Kaltstart funktioniert auch das Abgassystem noch nicht richtig – schließlich müssen die Lambdasonden und vor allem der Katalysator ebenfalls warm werden. Erst ab 200 °C funktioniert die Reinigungsfunktion richtig und die Schadstoffe können eliminiert werden.

Selbstverständlich stellen Kaltstarts bei eisigen Temperaturen eine ganz andere Hausnummer dar, als es bei sommerlichen Temperaturen der Fall ist. Das ist mithin der Grund, warum gerade im Winter ein Kaltstart Dir das Worst-Case-Szenario bescheren kann: Das Auto springt nicht an.

Der Fokus liegt auf der Öltemperaturanzeige im Cockpitraum.
Auch das Motoröl muss nach einem Kaltstart erstmal warm werden.

Kaltstarts: schädlich & alles andere als ungefährlich!

Genauso wie die einfachste Sportübung ohne Aufwärmphase in einer schweren Verletzung enden kann, können Kaltstarts diverse Motorschäden nach sich ziehen:

  • Ob 5W-30 oder 5W-40 – nicht nur die Verteilung des Motoröls verlangt etwas Zeit, auch die Schmiereigenschaften entfalten sich erst mit dem Erreichen der üblichen Betriebstemperatur.
    – Eine ordentliche Schmierung aller beweglichen Teile ist bei Hubkolbenmotoren extrem wichtig.
    – Übrigens: Regelmäßige mangelnde Schmierung kann zu einem Turbolader-Schaden führen.
  • Außerdem wärmen nicht alle Komponenten gleich schnell auf, was die mangelnde Schmierung noch verheerendere Folgen haben lässt:
    – Wird zum Beispiel der Kolben schneller warm als der Zylinder, kann es zu einem Kolbenklemmer und schlimmstenfalls zu einem Kolbenfresser führen.
  • Ob mit Vergaser und Starterklappe oder durch Anpassungen im Ansaugkanal bei Einspritzern: Die für den Kaltstart notwendige Verdickung des Kraftstoff-Luft-Gemisches zieht ein weiteres Problem nach sich:
    – Weniger Luft, mehr Kraftstoff – so wandert bei einem Kaltstart unverbrannter Kraftstoff in den Abgastrakt.
    – Das kann nicht nur einen vorzeitigen Katalysator-Defekt herbeiführen.
    – Da der Kat selbst noch nicht warm genug ist, um seine Arbeit ordentlich verrichten zu können, gelangen die unbehandelten Schadstoffe in die Umwelt.
Der Fokus liegt auf dem Auspuff eines greuen Autos, aus dem dichter weißer Rauch in die Umwelt gepustet wird.
Kaltstarts belasten die Umwelt sehr – schließlich arbeitet der Kat noch nicht richtig.
Gut zu wissen: Laut einer Schweizer Studie braucht der Katalysator eines 2,0 Liter-Ottomotors ganze 3,5 Minuten, um zu 75 % richtig arbeiten zu können. Nach 3,5 Minuten ist eine Temperatur von 140 C erreicht. Um 100 % geben zu können, muss der Kat 200 °C erreicht haben. Laut dieser Schweizer Studie stoßen Euro 6b-Benziner in den ersten 5 Minuten nach einem Kaltstart mehr schädliche Emissionen aus als bei einer 1.300 Kilometer langen Fahrt bei Betriebstemperatur… (Quelle: Bundesamt für Umwelt/BAFU)
  • Fährst Du einen Benziner, der vielleicht sogar noch einen Choke-Schalter am Lenkrad verbaut hat, solltest Du bei Kaltstart-Problemen vorsichtig sein.
    • Der zusätzlich zugeführte Kraftstoff kann Dir einen Zündkerzen-Defekt bescheren, wenn es nicht auf Anhieb klappt und Du den Starter-Knopf zu häufig verwendest.
    • Gelangt zu viel Kraftstoff auf die Zündkerzen, gehen sie unter – zusammen mit dem Motor, der in dem Fall regelrecht absäuft.
  • Last but not least beanspruchen Kaltstarts die Autobatterie sehr: Ist Letztere zu schwach, wird sie bei niedrigen Temperaturen nicht die verlangten Höchstleistungen erbringen können.
Profi-Tipp von Meister Brian: AGM-Batterien und EFB-Batterien haben im Vergleich zu SLI-Batterien einen höheren Kaltstartstrom und können dementsprechend Kaltstarts in der Regel besser bewältigen. Bei längeren Standzeiten bzw. sehr kalten Außentemperaturen kann es dennoch ratsam sein, die AGM-Batterie aufzuladen. Das Gleiche gilt selbstverständlich auch für EFB-Batterien: Laden kann Kaltstartprobleme vorbeugen.
Vor einem schwarzen Hintergrund leuchtet das Choke-Symbol gelb.
Je nach Fahrzeugmodell wird der aktive Choke im Auto-Cockpit mit einem gelben Symbol signalisiert.

Kaltstartautomatik, Choke… Diese Kaltstarthilfen gibt es

Kaltstarts sind nicht zu vermeiden – Dein Auto muss also damit klarkommen. Die gute Nachricht ist: Je moderner das Fahrzeugmodell, desto weniger wirst Du mit Kaltstartproblemen zu kämpfen haben. Bei älteren Fahrzeugen, die noch mit Vergaser, Starterklappe bzw. Choke daherkommen, kann ein Cold Start den Beginn der Fahrt im Winter durchaus verzögern. Was ein Choke im Auto zu suchen hat bzw. hatte – das verraten wir Dir im nächsten Abschnitt!

Choke im Auto: So funktioniert’s

Fährst Du einen Oldtimer, der spätestens in den 90er Jahren das Licht der Pkw-Welt erblickt hat und mit einem Vergaser-Motor unterwegs ist, wirst Du sicherlich bei Choke weder an Schmuck noch an Gaming denken. Schließlich ist bei Choke-Motoren eine Starterklappe vorhanden, die den englischen Namen Choke aufgrund ihrer Funktionsweise durchaus verdient. In dem Fall wird dem Vergaser durch Schließung der Starterklappe Luft weggenommen, was dem Ersticken bzw. der Atemkontrolle sehr nahekommt. Und so funktioniert’s:

  • Bereitet der Kaltstart Deinem Motor Schwierigkeiten, wirst Du den Joker… ähm den Choke ziehen können.
  • Je nach Fahrzeugmodell geschieht das noch ganz manuell – über die Betätigung eines Starterknopfes bzw. -Hebels – oder aber halbautomatisch, indem Du das Gaspedal ganz durchtrittst.
  • Ob manuell oder halbautomatisch, das Ergebnis ist am Ende das Gleiche:
    • Die Starterklappe, also der Choke schließt sich.
    • Dadurch wird weniger Luft in den Vergaser angesogen.
    • Parallel dazu wird etwas mehr Kraftstoff zugeführt und somit ein fetteres Gemisch hergestellt.
Gut zu wissen: Ein Renault 21 GTS (Baujahr 1986–1992, 92 PS) kommt zum Beispiel mit Vergaser und Choke daher. In dem Fall läuft die Kaltstarthilfe gänzlich manuell ab – über einen links vom Lenkrad zu findenden Starter-Knopf. Im Übrigen hat dieser R21 keinen Kat – was bei Kaltstarts für die Umwelt alles andere als blumig wird.

Kaltstarthilfe bei Motoren mit Saugrohreinspritzung

Motoren mit Saugrohreinspritzung haben bekanntlich keinen Vergaser. Dennoch müssen auch sie das Luft-Kraftstoff-Gemisch im Griff haben, damit alles wie geschmiert läuft. Das geschieht über ein Ansaugrohr und, je nach verbautem System, über eine Drosselklappe oder durch Einlassventile samt Luftmassenmesser-Sensor usw. Bei einem Kaltstart wird dementsprechend mehr Kraftstoff und weniger Luft angesogen. Somit entstehen auch hier Verbrennungsrückstände, die zu Verkokungen usw. sorgen können.

Profi-Tipp von Meister Brian: Hat der Motor seine Betriebstemperatur noch nicht erreicht, läuft die Kraftstoffverteilung alles andere als reibungslos. Ob an den Zylinderwänden oder bereits im Ansaugkanal: Ein Teil des Kraftstoffs kondensiert und gelangt somit nicht in den Brennraum.

Motoren mit Direkteinspritzung & Kaltstarts

Ob Diesel oder Benziner: Motoren mit Direkteinspritzung haben den großen Vorteil, dass die Einspritzdüsen sehr präzise gesteuert werden können. Hierbei spielen die über die zuständigen CAN-Bussysteme gesammelten Werte sowie die Rückmeldungen der meistens beheizten Lambdasonden eine wichtige Rolle, um die Kraftstoffzufuhr den Kaltstart-Bedingungen bestmöglich anzupassen. Das sorgt nicht nur für ein fetteres Gemisch, sondern minimiert die Verbrennungsrückstände, da immer nur so viel Kraftstoff wie notwendig angesogen wird.

Profi-Tipp von Meister Brian: Ist eine Einspritzdüse defekt, funktioniert der Kaltstart auch bei Direkteinspritzern nicht mehr reibungslos. Das Gleiche gilt bei einer längst überfälligen Injektoren-Reinigung.
Im Cockpit leuchtet ein gelbes drahtförmiges Symbol: Das Vorglühen läuft.
Diesel-Kaltstart: Das Vorglühen wird durch ein gelb aufleuchtendes drahtförmiges Symbol angezeigt.

Diesel-Kaltstart, Vorglühen & Kaltstartbeschleuniger

Ältere Diesel-Fahrzeuge haben zwar keinen Choke, verfügen aber über ihre eigene Kaltstarthilfe: den Kaltstartbeschleuniger (KSB), der meistens auch über einen Starterknopf bedient wird. Solche Kaltstartbeschleuniger gehören in der Regel jedoch der Vergangenheit an – außer Du fährst einen Oldtimer. Das Vorglühen geht mittlerweile so schnell, dass Du mit einem modernen Diesel-Auto den Kaltstart kaum bemerkst. Sobald Du den Zündschlüssel eingesteckt hast, wird ordentlich vorgeglüht. Solange kein Glühkerzen-Defekt vorliegt, sorgt die Motorsteuerung dafür, dass die Glühkerzen durch einen elektrischen Impuls rasch vorglühen und somit die Selbstzündung auslösen können. War das Vorglühen erfolgreich, erlischt die berühmte drahtförmige gelbe Kontrollleuchte.

Kaltstarts: So verhältst Du Dich richtig!

Dass moderne Motoren Kaltstarts besser bewältigen können, heißt nicht, dass Du nach dem Eiskratzen einfach durch Glatteis und Schnee losdüsen kannst. Und selbst, wenn sommerliche Temperaturen herrschen: Dein Motor muss erstmal warm werden. Das Auto im Stand warmlaufen zu lassen, klingt zwar sehr verlockend, ist jedoch verboten. Und solltest Du das auch noch im Leerlauf machen, dann schadest Du dem Motor mehr, als Du ihm helfen würdest. Also wie legst Du den bestmöglichen Kaltstart hin? Hier gibt es verschiedene Möglichkeiten:

  • Verfügt Dein Auto über eine Standheizung (ob mit Inline-Lösung oder elektrisch betrieben), sorgst Du für einen milderen Kaltstart.
  • Du hast noch keine? Falls Du das Budget hierfür hast, kannst Du Dir eine Standheizung nachrüsten lassen.
In einer schneebedeckten Landschaft hält ein Mann einen elektronischen Schlüssel in der Hand, anhand dessen er die Standheizung aus der Ferne aktivieren kann.  Das ebenfalls schneebedeckte Auto dürfte damit den bevorstehenden Kaltstart besser überwinden.
Als Kaltstarthilfe sehr praktisch: Eine Standheizung, die Du aus der Ferne aktivieren kannst.
Profi-Tipp von Meister Brian: Besonders motorschonend sind Standheizungen mit Inline-Lösungen, da sie über eine Erwärmung des Kraftstoffs funktionieren. Hier musst Du zwar mit einem etwas höheren Spritverbrauch rechnen, aber Deinem Kat und somit auch der Umwelt tust Du damit etwas Gutes.

Kaltstart durch Fahrweise abmildern

Ohne Standheizung solltest Du dem Motor ausreichend Zeit geben, warm zu werden und ihn während der Aufwärmphase nicht überstrapazieren:

  • Laut dem TÜV-Süd-Fachmann Jürgen Lebherz sind hierfür bei modernen Fahrzeugen mindestens 4 Kilometer Fahrt notwendig.
  • Dass in dieser Aufwärmphase das Auto beim Fahren ruckelt oder der Motor lauter wird, ist völlig normal – solange es sich nach 4 Kilometern einpendelt.
    • Die lauteren Geräusche und das Ruckeln verschwinden von selbst, sobald die Schmiereigenschaften sich vollständig entfalten konnten.
  • Nach einem Kaltstart solltest Du nicht in die höheren Drehzahlen kommen, sondern maximal die Hälfte der bei Deinem Motortyp möglichen Drehzahlen in Anspruch nehmen.
    • Ideal sind hier 2000–2.500 Umdrehungen/Minute.
  • Insbesondere im Winter solltest Du unbedingt Kurzstrecken vermeiden, um Deinem Motor überhaupt eine Chance zu geben, die Betriebstemperatur zu erreichen.
  • Wenn Du die Möglichkeit hast, das Auto in einer Tiefgarage nachts bzw. tagsüber abzustellen, sorgst Du für mildere Kaltstarts (und ersparst Dir nebenbei zugefrorene Autotüren oder Eiskratzen).
Mit einer Hand am Lenkrad und der anderen am eingesteckten Autoschlüssel: Die Fahrerin ist kaltstartbereit.
Nicht nur im Winter solltest Du nach einem Kaltstart behutsam fahren.
Tipp: Das Auto springt nicht an? Kaltstartprobleme kommen in den besten Pkw-Familien vor. Was als Ursachen dafür infrage kommen – das erfährst Du in einem separaten Beitrag. Und sollte kein Batterie-Defekt, sondern nur ein vorübergehender Schwäche-Anfall dahinterstecken, verraten wir Dir auch, wie Du Starthilfe geben kannst. Schau rein!

Du siehst es: Kaltstarts lassen sich nicht vermeiden, jedoch durch Vorkehrungen und angepasstes Fahrverhalten durchaus abmildern. Und da ein Kaltstart eine wahre Herausforderung für den Motor darstellt, ist es völlig normal, dass dieser auf Kaltstarthilfen angewiesen ist und bei extremer Beanspruchung irgendwann mal streikt.

Und wie sieht es bei Dir aus? Laufen die Kaltstarts immer reibungslos? Welche Kaltstarthilfen verwendest Du? Hattest Du schon mal Kaltstart-Probleme? Woran lag es? Hast Du vielleicht noch weitere Tipps und Tricks, die Du mit der Community teilen möchtest? Wir sind wie immer neugierig!

Chris von ATP

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