14 Jul 2021 Autowissen
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Wundversorgung: So geht’s richtig!

Stelle Dir vor: Du fährst von der Arbeit nach Hause und wirst Zeuge eines Unfalls. Die betroffene Person ist verletzt und Du bist der Erste am Unfallort. Wie kannst Du dem Opfer helfen? Was musst Du hier beachten? Wie verhältst Du Dich bei sichtbaren Verletzungen? Das Wichtigste ist es natürlich, ruhig zu bleiben und offene Wunden zu behandeln. Was Du alles zum Thema „Wundversorgung“ wissen musst, erfährst Du hier!

Wann führst Du eine Wundversorgung durch?

Wie Du eine bewusstlose Person in die stabile Seitenlage bringst, haben wir Dir in einem anderen Beitrag bereits erklärt. Aber was ist, wenn Du Verletzungen feststellst?

  • Sobald eine betroffene Person eine sichtbar offene Wunde hat, solltest Du diese fachgerecht versorgen.
  • Selbst Hand anlegen solltest Du aber nur bei „kleineren“ Wunden.
    • Hat das Opfer beispielsweise eine große Kopfverletzung und verliert viel Blut, sollte die Wundversorgung von ausgebildetem Personal wie Ärzten oder Rettungskräften übernommen werden.
Tipp: Starke oder anhaltend blutende Wunden solltest Du unbedingt von einem Arzt versorgen lassen. Das Gleiche gilt für stark verschmutzte Wunden sowie große Schnitt-, Biss-, Brand- und Platzwunden.

Wundversorgung: Schritt für Schritt erklärt!

Die Wundversorgung umfasst die Reinigung, das Verschließen und die Pflege von offenen Wunden. Du verhinderst eine Infektion, beschleunigst die Wundheilung und verminderst das Risiko, dass bleibende Narben entstehen. Mit diesen fünf Schritten erreichst Du die Ziele der Wundversorgung:

  1. Ruhe bewahren: Bewahre Ruhe und hole Dein Erste-Hilfe-Set. Zudem verständigst Du gegebenenfalls den Notruf 112.
  2. Vor Infektionen schützen: Deine Hände solltest Du waschen und desinfizieren. Anschließend solltest Du Einmalhandschuhe anziehen. So schützt Du die verletzte Person – und Dich selbst.
  3. Nicht desinfizieren oder spülen: Als Ersthelfer solltest Du ernstzunehmende Wunden weder auswaschen noch desinfizieren. Dein Fokus sollte darauf liegen, die Blutung zu stoppen. Dies empfiehlt das Deutsche Rote Kreuz (DRK).
    • 1. Ausnahme: Verbrennungen solltest Du mit kaltem Wasser kühlen.
    • 2. Ausnahme: Verätzungen solltest Du mit Wasser spülen.
    • 3. Ausnahme: Bisswunden, die durch tollwutverdächtige Tiere verursacht wurden, darfst Du mit einer Seifenlösung auswaschen.
  4. Blutung stoppen: Bringe die Blutung mit einem geeigneten Wundverband zum Stillstand (z. B. mit einer sterilen Kompresse).
  5. Zum Arzt gehen: Bei größeren Verletzungen und tiefen Wunden solltest Du immer Ärzte oder Rettungskräfte hinzuziehen.
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Wundversorgung bei verletzten Personen

Wunde versorgen: Daran erkennst Du den Zustand der Wunde!

Woran erkennst Du eigentlich den Zustand einer Wunde? Auf die folgenden drei Punkte solltest Du bei einer offenen Verletzung achten:

  • Wundexsudat:
    • Hierbei handelt es sich um eine Flüssigkeit, die aus einer Wunde austreten kann.
    • Die Flüssigkeit enthält Lymphe, Blut, Proteine, Zellen und Zellreste.
    • Bei einer verzögerten Wundversorgung können dadurch Keime in die Wunde kommen.
  • Wundumgebung:
    • Das ist die unmittelbare Umgebung des Wundrandes.
    • Sie zeigt Dir bei der Wundversorgung wichtige Hinweise auf den Hautstatus.
  • Wundrand:
    • Damit ist die Grenze zwischen Wunde und intaktem Deckgewebe gemeint.
    • Auch daran kannst Du den Zustand der Wunde erkennen.

Wichtig: Bei frischen Verletzungen solltest Du an den Tetanus-Impfschutz denken! Die letzte Tetanus-Spritze sollte nicht länger als zehn Jahre zurückliegen.

Primäre und sekundäre Wundversorgung

Mediziner unterscheiden zwischen der primären und der sekundären Wundversorgung. Im Behandlungsalltag spielen beide eine große Rolle. Im Folgenden erklären wir Dir den Unterschied zwischen beiden Wundversorgungen.

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Wundversorgung bei einer offenen Wunde

Primäre Wundversorgung

  • Bei der primären Wundversorgung wird die Wunde innerhalb der ersten acht Stunden verschlossen.
  • Ein Pflaster bzw. Gewebekleber genügt bei vielen solcher Verletzungen.
  • Dennoch kommt es immer wieder vor, dass die Wunde mit einer Naht oder mit Klammern verschlossen werden muss.

Sekundäre Wundversorgung

  • Wenn die primäre Wundversorgung (innerhalb acht Stunden) nicht möglich ist, kommt es zur sekundären Wundversorgung.
  • Das kommt vor, wenn eine Wunde entzündet ist oder es sich um eine chronische Wunde handelt.
  • Würde man so eine Wunde direkt verschließen, könnten sich darin vorhandene Krankheitserreger leicht vermehren.
    • Dies kann eine schwere Infektion zur Folge haben.
  • Daher bleiben diese Verletzungen meist offen und werden regelmäßig gesäubert.
  • Wenn die Wunde sauber ist, wird sie mit einer Naht verschlossen.

Wundversorgung: Feucht oder trocken?

  • Bei der trockenen Wundbehandlung werden offene Wunden mit einer sterilen, trockenen Wundauflage abgedeckt.
    • Dies wendet man nur bei oberflächlichen Verletzungen an.
  • Bei der feuchten Wundversorgung werden schlecht heilende Wunden sowie Brandwunden mit speziellen feuchten Auflagen abgedeckt.
    • Diese feuchte Wundversorgung wird auch moderne Wundversorgung genannt, weil dafür speziell gefertigte Materialien verwendet werden.
Tipp: Jeder sollte einen vollständigen Verbandskasten im Auto haben. Mit einem Klick erfährst Du, was Du hierbei alles beachten solltest. Übrigens: Bei uns im Shop kannst Du Dir einen neuen Verbandskasten günstig kaufen.

Wundbehandlung: Abbinden – ja oder nein?

Du wirst es vielleicht schon einmal in Filmen gesehen haben: Eine stark blutende Verletzung wird mit einem Stück Stoff abgebunden. Aber wie sieht das im realen Leben aus?

  • Früher hat man, bei stark blutenden Wunden an Armen und Beinen, tatsächlich die Wunde abgebunden.
  • Hierbei besteht aber eine Gefahr! Man kann die abgebundenen Gliedmaßen komplett von der Blutversorgung abschneiden.
    • Die Folge ist das Absterben von Gewebe.
    • Schlimmstenfalls kann es sogar zur Amputation des betroffenen Körperteils kommen.
  • Aus diesem Grund wird das Abbinden von Wunden nur empfohlen, wenn ein lebensbedrohlicher Blutverlust besteht.
  • Wenn möglich, sollte das auch nur von Fachpersonal durchgeführt werden.
Wusstest Du das? Es gibt Situationen, in denen das Abbinden üblich ist – wie zum Beispiel in der Militärmedizin, wenn keine chirurgische Blutstillung möglich ist.

Andere Verletzungen – andere Wundbehandlung!

Leider gibt es keine Anleitung für die Wundversorgung, die Du prinzipiell bei jeder Wunde anwenden kannst. Unterschiedliche Verletzungen erfordern auch unterschiedliche Maßnahmen. Im Folgenden zeigen wir Dir, wie die verschiedenen Verletzungstypen zu behandeln sind.

Oberflächliche Wunden versorgen

Bei einer oberflächlichen Verletzung ist eine primäre Wundversorgung zu empfehlen. Kleine Wunden können also problemlos direkt vor Ort versorgt werden. Natürlich solltest Du auch hier die üblichen Hygienemaßnahmen berücksichtigen.

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Die Wundversorgung bei einer Brandverletzung

Wundbehandlung bei Verbrennungen

In der Regel werden Brandwunden anders als offene Wunden behandelt. Deshalb solltest Du auch genau wissen, was Du bei Verbrennungen zu beachten hast. Das Wichtigste bei Brandverletzungen ist das Kühlen! Außerdem solltest Du auf keinen Fall verkrustete Kleidungsstücke von der Wunde abziehen. In diesem Extremfall kannst Du als Ersthelfer eher wenig tun. Das Einzige, was Du tun kannst: Verbrennungen mit einem sterilen Tuch abdecken und kühlen!

Wundversorgung bei tiefen Wunden

Um eine starke Blutung bestmöglich zu stoppen, hilft der Druckverband. Zuvor solltest Du aber größere Fremdkörper von der Wunde entfernen. Verwende aber kein Desinfektionsmittel oder ähnliche Sprays. Wenn es dann zum Anlegen des Druckverbandes kommt, solltest Du folgendermaßen vorgehen:

  • Lege eine sterile Wundkompresse auf die offene Wunde.
  • Befestige die Kompresse mit einem Verband  an der Wunde und umwickle diese ein paar Mal.
  • Als Druckmittel verwendest Du eine weitere aufgerollte Mullbinde und presst diese auf die offene Wunde.
  • Jetzt bindest Du das Druckmittel fest auf die Wunde, bis die Blutung gestillt ist.
  • Bei großflächigen Wunden kannst Du auch weitere Druckmittel aufbinden.

Wichtig: Wunden werden mit sterilen Kompressen und Verbandszeug versorgt. Starke Blutungen werden durch einen Druckverband behandelt.

Platzwunden behandeln

Eine Platzwunde ist „nur“ eine oberflächliche Verletzung, welche durch stumpfe, direkte Gewalteinwirkung entsteht. Eine Platzwunde kannst Du dir beispielsweise bei einem Sturz beim Radfahren oder auch beim Klettern zuziehen. Die Wundränder sind aber meist zerfetzt, was die Wundheilung beeinträchtigen kann. Mit der richtigen Wundversorgung kannst Du dies aber verhindern.

Schürfwunden versorgen

Schürfwunden sind ähnlich wie Platzwunden. Beide gehören zu den häufigen Verletzungen im Alltag. Wenn die Haut über eine raue Oberfläche schrammt, entstehen Schürfwunden. Solche Verletzungen sind zwar oft schmerzhaft, aber meist nur sehr oberflächlich und harmlos. Dennoch solltest Du auch diese Wunden richtig reinigen, desinfizieren und abdecken.

Wundversorgung bei Schnittwunden

Es ist schnell mal passiert. Du rutschst mit dem Küchenmesser ab und schon hast Du einen Schnitt in Deinem Finger. Bei kleinen Schnittverletzungen mit eng aneinander liegenden Wundrändern, kannst Du die Wundversorgung problemlos selbst übernehmen.

Tipp: Um den Blutverlust zusätzlich einzuschränken, solltest Du den verwundeten Körperteil möglichst hoch lagern.
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Die Wundversorgung als Ersthelfer bei einem Verkehrsunfall

Verbandswechsel bei Verletzungen

Die Wunde wurde bei der Erstversorgung verbunden? Gut gemacht! Der Verband sollte dann frühestens nach 24 bis 48 Stunden gewechselt werden. Bei chronischen oder entzündeten Wunden sollte das ein Arzt übernehmen. Bei kleinen Wunden kannst Du den Verband selbst wechseln.

Wunde mit Wund- und Heilsalben behandeln

Grundsätzlich sind Salben meistens hilfreich, um die Wundheilung zu unterstützen. Hierfür kannst Du verschiedene Salben verwenden. Viele dieser Salben enthalten den Wirkstoff Dexpanthenol. Dieser Wirkstoff fördert die Erneuerung der Hautschicht und spendet zudem Feuchtigkeit.

Wunde versorgen: Chronische und entzündete Wunden

Entzündete oder chronische Wunden erfordern eine sekundäre Wundversorgung. Nur so kannst Du einer lebensbedrohlichen Wundinfektion vorbeugen. Wie das geht? Wir verraten es Dir:

  • Zuerst reinigt der Arzt die Wunde mit einer Kochsalzlösung und spült diese aus.
  • Für die Wundspülung wird eine antiseptisch wirksame Lösung verwendet.
  • Oftmals schneidet der Arzt infiziertes oder geschädigtes Gewebe vom Wundrand ab.
    • Dies beugt ebenfalls einer Wundinfektion vor und regt das Gewebe zur Heilung an.
  • Die Wunde wird aber erst verschlossen, wenn keine Infektion (mehr) vorliegt und das neue Gewebe gesund aussieht.

Zu Entzündungsanzeichen einer Wunde zählen:

  • Rötung
  • Überwärmung
  • Schwellung
  • Schmerzen
  • Bewegungseinschränkung/Funktionsstörungen
  • Auftreten eines eitrigen Sekrets
  • Fieber

Wichtig: Solltest Du solche Entzündungszeichen bemerken, solltest Du umgehend einen Arzt aufsuchen. Schließlich kann auch aus einer ursprünglich kleinen harmlosen Wunde eine Blutvergiftung werden.

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Die Wundversorgung und Kontrolle biem Arzt

Wann ist ein Arztbesuch notwendig

Die Erstversorgung ist wichtig. Jedoch kann in manchen Fällen ein Besuch beim Arzt notwendig sein. Wenn einer der folgenden Punkte zutrifft, solltest Du zeitnah zum Arzt gehen:

  • Starke bzw. unstillbare Blutung
  • Große Schnitt-, Biss-, Brand- oder Platzwunden
  • Fremdkörper, die entfernt werden müssen
  • Wunde, die nicht selbst gereinigt werden kann
  • Entzündete Wunden

Darauf musst Du nach der Wundbehandlung achten!

Nach der Versorgung der Wunde solltest Du einige Punkte beachten, um den Heilungsprozess zu fördern:

  • Achte darauf, dass Du die Wunde nicht verschmutzt und dass diese nicht mit Wasser in Kontakt kommt.
  • Verwende keine handelsüblichen Seifen, um Deine Wunde zu reinigen.
  • Falls Du eine genähte Wunde hast, solltest Du nach zehn bis zwölf Tagen zu Deinem behandelten Arzt gehen, um die Fäden ziehen zu lassen.
  • Hast Du eine Wunde im Gesicht, können die Fäden bereits am vierten bis sechsten Tag entfernt werden.
Wusstest Du das? Bei schlecht heilenden Wunden setzen Mediziner manchmal Maden ein. Ernsthaft. Wie das geht? Ganz einfach: Fliegenlarven werden in die Wunde eingesetzt. Die daraus schlüpfenden Maden fressen abgestorbene Zellen (sogenanntes nekrotisches Gewebe), was wiederum die Wundheilung fördert. Und damit die Maden danach auch alle wieder verschwinden, werden die eingesetzten Larven vorab gezählt.

Das sind die Risiken der Wundversorgung!

Ziel der Wundversorgung ist es, das Risiko für Infektionen und Wundheilungsstörungen gering zu halten. Allerdings kann hierbei auch einiges schief gehen.

  • Zum Beispiel kann sich die Verletzung infizieren – und das trotz angemessener Wundbehandlung.
    • Zeichen hierfür sind, wie gesagt, Schmerzen, Rötungen, Schwellungen oder Eitersekretionen.
  • Bei der Wundheilung können sich aber auch Narben bilden.
    • In manchen Fällen verursachen diese sogar Schmerzen.
  • Bei der chirurgischen Wundversorgung besteht das Risiko, angrenzendes Gewebe sowie Nerven und Blutgefäße zu verletzen.

Grundsätzlich ist es aber so, dass die fachgerechte Wundversorgung das Risiko für Infektionen und Ähnliches stark verringert. Dennoch sind Wundheilstörungen nicht vollkommen auszuschließen.

Nun bist Du aber an der Reihe: Warst Du schon einmal Ersthelfer an einem Unfallort? Oder musstest Du schon einmal eine Wunde versorgen? Teile gerne Deine Erfahrungen mit uns und hinterlasse uns einen Kommentar!

Andy von ATP

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