Zeitdruck, dichter Berufsverkehr, Stress auf der Arbeit oder daheim – bisweilen reicht nur ein falsches Manöver des Vordermanns, um das Fass zum Überlaufen zu bringen. Und dennoch: Wer den Mittelfinger im Straßenverkehr zeigt, den Scheibenwischer wedelt oder herabsetzende Äußerungen von sich gibt – dem droht eine Anzeige wegen Beleidigung. Welche Folgen obszöne Gesten und verbale Beleidigungen im Straßenverkehr haben können, welches Strafmaß hierfür angesetzt wird und vieles mehr – das erfährst Du hier! Bist Du startklar? Los geht’s!
INHALT
Beleidigungen im Straßenverkehr: Das fällt darunter
Den Mittelfinger im Straßenverkehr zu zeigen gilt nicht direkt als verkehrssicherheitsgefährdend. Daher wirst Du im Bußgeldkatalog weder vorgesehene Punkte in Flensburg noch feste Bußgelder finden. Das heißt jedoch bei Weitem nicht, dass Beleidigungen im Straßenverkehr keine Konsequenzen hätten. Ganz im Gegenteil: Eine Scheibenwischergeste, eine unüberlegte Äußerung à la „Fahr doch, Du Arschloch!“, vielleicht auch noch in Verbindung mit dem Arschloch-Zeichen – das sind allesamt Handlungen, die strafrechtlich verfolgt werden können. Aber was gilt alles als Beleidigung? Das verraten wir Dir jetzt!
Beleidigung als Straftat
Die Beleidigung ist eine Straftat, dessen Strafmaß im Strafgesetzbuch verankert ist – und zwar in §185 StGB:
„Die Beleidigung wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Beleidigung öffentlich, in einer Versammlung, durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) oder mittels einer Tätlichkeit begangen wird, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“
§185 StGB
Mittelfinger im Straßenverkehr: Keine freie Meinungsäußerung
Doch warum darf ich nicht mein Recht auf freie Meinungsäußerung (Art. 5, GG) ausleben und auch im Straßenverkehr Beleidigungen aussprechen, wenn es meiner persönlichen Meinung entspricht? Genau: Weil Kränkungen keine Meinungen mehr sind und ich hiermit ein besonders schützenwertes Rechtsgut verletzen würde, das im Grundgesetz verankert ist. Hier ist das Deutsche Grundgesetz unmissverständlich, wenn es um die Grenzen der Meinungsfreiheit geht:
„Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.“
Art. 5 GG, (2)
Beleidigungen fallen unter die sogenannten Ehrverletzungsdelikte, zusammen mit anderen Straftaten wie Verleumdungen, übler Nachrede oder sogar Hetze.
Was ist eine Beleidigung?
Auch hierzu gibt es zig Auslegungen mit entsprechend vielen Gerichtsurteilen. Warum so viel Gerede um eine Straftat? Weil interessanterweise §185 StGB eine Tat unter Strafe stellt, ohne diese konkret zu definieren. Somit mussten sich bereits viele Gerichte mit der Frage beschäftigen, woran man eine Beleidigung denn nun dingfest machen könnte. Schließlich können auch harmlose Äußerungen wie „Busfahrer“ in bestimmten Situationen als beleidigend empfunden werden. Hingegen ist es durchaus möglich, dass ein „Arschloch“ oder „Schlampe“ unter Freunden als bloßes freundschaftliches Necken problemlos durchgeht.
Verbale Beleidigungen, beleidigende Gesten & Tätlichkeiten
Außerdem gibt es verschiedene Möglichkeiten, Beleidigungen zum Ausdruck zu bringen:
- Wer mit „Schlampe“, „Arschloch“ oder „Dummkopf“ seinen Vordermann beschimpft, bewegt sich im Rahmen der verbalen Beleidigung.
- Allerdings gibt es noch Gesten, die ein hohes Beleidigungspotenzial in sich tragen.
- Ob die Vogelgeste, die Scheibenwischergeste oder der Mittelfinger – im Straßenverkehr sind sie als Beleidigungen zu werten.
- Noch heikler wird es, wenn Du eine Kombination aus beidem machst:
- Wer „Arschloch“ brüllt und dabei noch das Arschloch-Zeichen zeigt, dürfte eher schlechte Karten haben, den Beleidigungsvorwurf zurückzuweisen.
- Schlimmer geht immer: Beleidigungen mit Tätlichkeiten sollten auch im Straßenverkehr tabu sein.
- Wer die Fahrertür aufmacht, den in der Dooring-Zone vorbeieilenden Fahrradfahrer nicht nur als „Opfer“ beschimpft, sondern auch noch anspuckt, dürfte sich über eine Anzeige nicht wundern.
Verhetzende Beleidigungen im Straßenverkehr
Im September 2021 ist StGB §192a in Kraft getreten. Damit steht nun auch die sogenannte „verhetzende Beleidigung“ unter Strafe:
„Wer einen Inhalt (§ 11 Absatz 3), der geeignet ist, die Menschenwürde anderer dadurch anzugreifen, dass er eine durch ihre nationale, rassische, religiöse oder ethnische Herkunft, ihre Weltanschauung, ihre Behinderung oder ihre sexuelle Orientierung bestimmte Gruppe oder einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer dieser Gruppen beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet, an eine andere Person, die zu einer der vorbezeichneten Gruppen gehört, gelangen lässt, ohne von dieser Person hierzu aufgefordert zu sein, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“
§192a StGB
Wie sich das auf Beleidigungen im Straßenverkehr konkret auswirken wird, bleibt abzuwarten.
Beleidigungen im Straßenverkehr: Das Wichtigste auf einen Blick
Aber woran kann man messen, wo die freie Meinungsäußerung aufhört und wo die Ehrverletzung beginnt? Hierzu gibt es bereits eine sehr lange Rechtsprechung mit unterschiedlichen Urteilen. Bevor wir auf typische beleidigende Gesten sowie auf folgenschwere Schimpfwörter eingehen, zeigen wir Dir kurz, was Du in Puncto Beleidigungen berücksichtigen solltest:
- Beleidigungen sind Antragsdelikte – sprich: Wo kein Kläger, auch kein Richter.
- Wenn Du einen solchen Antrag stellst, liegt die Beweislast bei Dir.
- Du musst also präzise belegen können, dass es tatsächlich zu einer Verletzung Deiner Ehre gekommen ist.
- Zeigst Du den Mittelfinger im Straßenverkehr und verwendest auch noch dazu entsprechende Kraftausdrücke, die die volle Aufmerksamkeit der anderen Verkehrsteilnehmer auf Dich ziehen, wird es besonders heikel.
- Je größer die Anzahl der Zeugen, desto höher das Ehrverletzungsrisiko.
- Somit können Beleidigungen im Straßenverkehr besonders folgenschwer werden, wenn die beleidigte Person vor versammelter Mannschaft im Berufsverkehr bloßgestellt wird.
- Lässt Du Dich von jemandem mitreißen, kannst Du Dein Recht auf Gegenschlag geltend machen.
- Das setzt voraus, dass Deine Beleidigung sich proportional zur vorangegangenen, an Dich gerichteten Ehrverletzung verhält.
Gibt es Beamtenbeleidigungen?
In Deutschland macht es an sich keinen wirklichen Unterschied, ob Du einen Polizisten oder einen anderen Autofahrer beleidigst. Allerdings musst Du Dich darauf einstellen, dass Du bei Beamtenbeleidigungen eine viel höhere Wahrscheinlichkeit hast, dass die Beleidigung zur Anzeige gebracht wird. Und sollten keine weiteren Zeugen dabei sein:
- Wenn es um Aussage gegen Aussage geht, hast Du bei einer Beamtenbeleidigung ganz schlechte Karten.
- Schließlich macht es für den Richter einen großen Unterschied, ob Du einem öffentlichen Amtsträger den Mittelfinger im Straßenverkehr zeigst oder ob Du Deinem ständig falsch parkenden Nachbarn eine entsprechende Nachricht auf der Heckscheibe hinterlässt.
Mittelfinger im Straßenverkehr zeigen & Co.:
Gesten mit Beleidigungspotenzial
Aber welche Gesten gelten denn überhaupt als Beleidigungen? Im Straßenverkehr sind manche Bewegungen besonders gefährlich – auch wenn sie Dir vielleicht harmlos erscheinen. Welche das sind – das verraten wir Dir jetzt!
Mittelfinger im Straßenverkehr zeigen
Selbst wenn die Geste bei vielen Jugendlichen Gang und Gäbe ist – der Stinkefinger ist definitiv keine gute Idee. Zudem gilt es als eine der schlimmsten Beleidigungen, die Du im Straßenverkehr wählen kannst. Wird das zur Anzeige gebracht, droht Dir eine Geldstrafe von bis zu 4000,–€.
Den Vogel zeigen
Auch sehr verbreitet und dennoch nicht viel besser: Wenn Du den Vogel zeigst, drückst Du unmissverständlich aus, dass Du Dein Gegenüber für „bekloppt“, „dumm“ oder „bescheuert“ hältst. Somit tastest Du auch mit dieser Bewegung dessen Ehre an – und machst Dich der Beleidigung strafbar. Begleitest Du den Vogel auch noch mit ausdrucksstarken Schimpfwörtern, reitest Du Dich nur noch mehr in den Schlamassel hinein. Hier musst Du allein für die Geste mit bis zu 700 € rechnen. Für „Blöde Schlampe“ oder „Du bist ja total bescheuert“ kannst Du jeweils bis zu 1000 € draufpacken.
Arschloch-Zeichen
Auch besonders ausdrucksstark und dennoch strafbar. Wer anderen Autofahrern das Arschloch-Zeichen zeigt, muss mit einer Anzeige wegen Beleidigung rechnen. Die vorgesehenen Strafen sind zwar nicht so hoch wie bei einem Mittelfinger im Straßenverkehr – dennoch können bis zu 300 Euro fällig werden. Rutscht Dir dabei auch noch das Wort „Arschloch“ raus, musst Du Dich mit einer Strafe von 1.300 Euro anfreunden.
Scheibenwischer zeigen
Selbst für überzeugte Hobbyschrauber: Den Scheibenwischer zeigen solltest Du im Straßenverkehr lieber nicht – außer natürlich Du präsentierst Deinen frisch ergatterten Scheibenwischer. Die beleidigende Scheibenwischer-Geste ist hingegen tabu – denn diese kann Dich bis zu 1000 Euro kosten!
Mittelfinger im Straßenverkehr, Arschloch-Zeichen, Vogel zeigen & Co.: Strafen
Wir haben es bereits erwähnt: Für Beleidigungen im Straßenverkehr gibt es keine Punkte in Flensburg, allerdings erst seit der Punkte-Reform im Jahr 2014. Warum? Weil der Stinkefinger & Co. nicht als „sicherheitsrelevante“ Straftaten gelten und somit im neuen Flensburg-Register nicht erfasst werden. Einen entsprechenden Bußgeldkatalog gibt es ebenfalls nicht. Allerdings orientieren sich die Richter an die geltende Rechtsprechung, um Geldstrafen zu verhängen. Letztere hängen maßgeblich vom Einkommen der angezeigten Person sowie von der Schwere der erfolgten Beleidigung.
Beleidigungen im Straßenverkehr: So setzen sich die Strafen zusammen
Da es keinen etablierten Bußgeldkatalog für Schimpfwörter & Co. gibt, werden die richterlichen Entscheidungen individuell angepasst. Dabei spielen natürlich auch das Vorstrafenregister eine Rolle, aber auch die Gesamtumstände. Sollte noch Alkohol am Steuer oder Drogenkonsum beim Autofahren im Spiel sein, kann eine Anzeige wegen Beleidigungen härtere Strafen nach sich ziehen. Schlimmstenfalls können die im Strafgesetzbuch vorgesehenen Freiheits- und Geldstrafen um ein Fahrverbot mit MPU-Anordnung ergänzt werden.
So, nun weißt Du alles, was Du rund um das Thema Mittelfinger im Straßenverkehr & Co. wissen solltest. Jetzt bist Du aber an der Reihe: Hast Du schon mal im Eifer des Gefechts jemandem den Vogel gezeigt oder dem Vordermann die Scheibenwischer-Geste spontan gewidmet? Waren vielleicht auch Schimpfwörter im Spiel? Oder hast Du bereits Beleidigungen zur Anzeige gebracht? Wie ist das Ganze ausgegangen? Wir sind sehr gespannt auf Deinen Bericht!